Hoffnung ist unsere zentrale menschliche Fähigkeit, sagt die Philosophin Natalie Knapp. Wir brauchen Hoffnung, um uns zu motivieren. Denn letztlich ist es nur die Aussicht auf eine positive Zukunft, die uns in Bewegung setzt. Zum Ankommen braucht es keine Energie, aber zum Loslaufen. Dabei ist es weniger wichtig, ob sich jede Hoffnung genau so erfüllt, wie sie anfangs einmal bestand. Eine bemerkenswerte Parallele zur Zukunftsforschung: Es geht viel weniger ums nachträgliche Rechthaben, stattdessen viel mehr ums Anfangen.

Fragen wir nicht: Was ist realistisch? Was realistisch gewesen sein wird, sehen wir dann schon noch in der Zukunft. Das klärt sich. Natalie betont: Viel wichtiger und hilfreicher ist es zu verstehen, dass wir Realität schaffen können, indem wir anfangen und gestalten. Die berühmte Politologin und Philosophin Hannah Arendt hat gesagt: Wir bräuchten die Hoffnung nur dann nicht, wenn die Zukunft schon feststünde. Das wäre sicher. Aber dann könnten wir nichts mehr tun, könnten nichts mehr verändern oder bewirken, keine Entscheidung treffen. Insofern ist es absurd zu glauben, dass das Leben besser wäre, wenn es weniger unsicher wäre.

Natalie singt ein Loblied auf die Unsicherheit. Wir können lernen, gut in Unsicherheit zu leben, können lernen, Lust daran zu entwickeln. Dafür müssen zunächst einmal sortieren, was es bedeutet, unsicher zu sein. Natalie deutet dies so: Spüren wir Unsicherheit, verfügen wir gerade nicht über eine passende Routine. Wer Unsicherheit spürt, weiß gerade nicht automatisiert, wie es geht. Anders gesagt: Es ist hoch professionell, sich ab und zu unsicher zu fühlen. Dann müssen wir anders arbeiten, anders kommunizieren, mehr in den Austausch gehen, Ideen entwickeln und den Kopf einschalten. Gar nicht schlecht, diese Unsicherheit. Wir brauchen eine Neubewertung des unangenehmen Gefühls, das eben keine Angst ist, sondern Unsicherheit.

Natalie spricht darüber, wie wir in unsicheren Zeiten entscheiden können. Gelernt haben wir, Entscheidungen als Sortieraufgabe zu verstehen. Alle vorhandenen Informationen sichten und ordnen, dann wissen wir was zu tun ist. In der Unsicherheit führt das in die Irre, denn die wichtigen Informationen sind vielfach genau die, über die wir eben nicht verfügen. Im Chaos greift das mechanistische Weltbild nicht mehr. Diese fünf Dinge musst du beachten, dann hält deine Ehe 50 Jahre … funktioniert nicht. Wir müssen stattdessen lernen über Möglichkeiten zu sprechen, über Wahrscheinlichkeiten - und anfangen. Im Rückblick wird ein Leben draus geworden sein.

Zu Gast: Dr. Natalie Knapp, Philosophin, Keynote Speakerin und Autorin populärer Sachbücher. Sie ist Gründungsmitglied des Berufsverbandes für philosophische Praxis, Dozentin der ZEIT Akademie, der Liechtenstein Academy, der Leuphana Universität Lüneburg und des Netzwerks Ethik. 

Erwähnungen:

Nachhaltigkeit, Innovation und organisatorischer Wandel: Rasmus Nutzhorn

Film: 972 BEAKDOWNS Auf dem Landweg nach New York

Podcast mit Ralf B. Wehrspohn – Innovation im Plattenbau