Was hilft, wenn sonst gar nichts mehr hilft? Wenn Konzerne weiter Geschäfte mit Öl machen, keine klimaverträglichen Lösungen entwickelt werden - und sogar Recht und Gesetz nicht ausreichen? Dann muss man eben den Staat verklagen. Einige Jahre Ausdauer später könnte der 24. März 2021 kommen. Der Tag, an dem das Bundesverfassungsgericht seinen Klimabeschluss gefasst hat. Ein Paukenschlag, so nennt es die Anwältin, die den Beschluss erstritten hat: Roda Verheyen aus Hamburg.
Was macht den Beschluss zum "Paukenschlag"? Es sind die "Intertemporalen Freiheitsrechte". Kurz gesagt: Wenn unser heutiges Verhalten die Freiheit künftiger Generationen zu sehr einschränkt, müssen wir es heute anders machen. Und da wir das nicht freiwillig tun, muss der Gesetzgeber eben dafür sorgen. Das Klimaschutzgesetz von 2021 war damit Makulatur und wurde in der Folge auch erheblich nachgebessert. Zahlreiche Prozesse bauen inzwischen auf dieser Logik auf, national wie international.
Und ist jetzt alles gut? Natürlich nicht. Insofern mündet der Paukenschlag auch in eine gewisse Ernüchterung. Die Emissionen steigen, Sektoren wie zum Beispiel der Verkehr reißen alle Ziele und der verantwortliche Minister wird dafür belohnt, indem er künftig gar keine Sektorenziele mehr erfüllen muss. Roda sagt: Aufgeben ist keine Option, das wäre ja noch schöner.
Zu den Prozessen gegen unzureichende Gesetze kommen die Prozesse gegen Konzerne. Aktuell treibt Roda die Klage gegen VW voran. Wäre sie erfolgreich, müsste VW bereits 2030 aufhören, neue Autos mit Verbrennungsmotor zu verkaufen. Weltweit. In den ersten Instanzen ist die Klage gescheitert, dann eben Berufung. Immer weiter machen. Konzerne sind auch deshalb wichtig, weil sie weit jenseits der Gesetze einzelner Länder handeln können. Aber auch hier gilt: Last Exit Klima-Klage. Der Weg über Prozesse ist lang, er ist riskant, aber er ist demokratisch - und etwas besseres haben wir nicht. Also ran an den nächsten Schriftsatz.
Die Aufarbeitung des abenteuerlichen Streits um das Gebäude-Energie-Gesetz, über das Roda und Michael gesprochen haben, findet sich hier beim Volksverpetzer. Bei dieser Gelegenheit: Unterstützt den Volksverpetzer, er leistet Großartiges.
Zu Gast: Dr. Roda Verheyen, Rechtsanwältin und Mitglied des Hamburgischen Verfassungsgerichts.
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