Es könnte alles so einfach sein. Wir können wissen, was die Klima-Stunde geschlagen hat, wir könnten schnell die wichtigsten Maßnahmen ergreifen und glücklich und gesund leben. Allein: Das Wissen könnten wir eben nur theoretisch haben. Und Wissen allein überzeugt auch nicht. So sind wir nicht gestrickt, sagt Lea Dohm. Sie ist psychologische Psychotherapeutin und Mitbegründerin von Psychologists4Future.
Schritt 1: Das Wissen fehlt vielerorts, in der breiten Menge, aber auch bei Entscheidern. Natürlich, es gibt eine Klimakrise, aber was bedeutet das genau? Da können die Zusammenfassungen der Forschungsberichte selbst in einfacher Sprache verfasst sein, der MdB muss es halt lesen… Lea sagt: Gute Klimakommunikation ist mehr als Fakten. Von Fakten allein lassen wir uns nicht einfach im Gespräch überzeugen. Das sind eher länger Prozesse und Auseinandersetzungen. Lea erläutert, wie zentral es ist, eine Beziehung aufzubauen. Und dafür ist jedes noch so anstrengende Gespräch wichtig, eine mentale Operation.
Lea schließt an die Folge 149 mit Tadzio Müller an. Er hatte den Begriff Verdrängungsgesellschaft in den Mittelpunkt gestellt. Solange wir verdrängen, dass wir uns verändern müssen, werden wir auf jeden Impuls, jeden Protest, jedes Stück Information mit Ablehnung reagieren. Lea bestätigt: Wir brauchen gesellschaftliche Symbole für die Transformation. Wir brauchen Lieder und Orte. Wir brauchen Kunst und Kultur. Wir brauchen einen Ausdruck für den Abschied von der früheren Normalität.
Kunst und Kultur haben das Potenzial, die Verbindung unter uns zu schaffen, die wir brauchen. Lea sagt: Hören wir auf, immer auf den Klimakanzler und den untätigen Verkehrsminister zu starren. Der Wandel wird von der Zivilgesellschaft ausgehen. Promis sind dabei hilfreich. Es müssen aber nicht immer die herausgehobenen Figuren sein. Die Transformation bedeutet auch eine stärkere Zuwendung, ein sich gegenseitig Halten. Da entstehen Verbindungen, die gut sind. Das ist mutmachend - zumal wir wissen, dass viele Menschen sich einsam fühlen. Insofern braucht es dreierlei im Einsatz gegen die Klimakrise: Wut und Protest auf der politischen Ebene, Angst und Mut auf der menschlichen Ebene - und Nähe zwischen uns.
Dass wir uns voneinander berühren lassen, ein intensiveres und inklusiveres Miteinander zulassen: In je mehr Nischen das entsteht, desto besser. Wir brauchen das auch, um die Katastrophen, vor denen wir stehen, besser auffangen zu können. Wir wissen, dass Menschen, die gut eingebunden sind, das eher können. Und der Klimakrise angemessen verhalten wir uns dann quasi automatisch.
Zu Gast: Lea Dohm, Diplom-Psychologin und psychologische Psychotherapeutin, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei KLUG, Mitbegründerin und Kopf von Psychologists4Future. Twitter: @LeaDohm
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